Sonntag, 13. Mai 2018

Waschechten Römern unter die Sandale geschaut

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Am 2./3. Mai durften die Lateinkurse der 8. Klassen wieder zwei Tage in Trier verbringen und ihren römischen Vorfahren unter die Sandalen schauen:

In unterirdische Heizungsanlagen stellten wir uns vor, wie sich die Römer von der kaiserlichen Familie bis zum einfachen Volk in ihren aufwendigen und luxuriösen Thermen wuschen, verwöhnen und unterhalten ließen, Sport trieben und wichtige Kontakte pflegten.

Bei der Erlebnisführung im Amphitheater ließ uns ein ehemaliger Gladiator an seinem dramatischen Leben teilhaben; während wir zwischen angeketteten wilden Tieren und kampfbereiten Gladiatoren im Keller unterhalb der Arena froren, tobte über uns das nach Attraktionen gierige Publikum, in Erwartung der Hebebühne, die fantastische Kulissen hervorzaubern würde.

Immer wieder stiegen wir an diesen zwei Tagen hinab bis auf das Fundament der antiken Bauwerke: meterhohe Schichten aus Bauschutt ließen Trier bis heute immer mehr in die Höhe wachsen.

Barbara-, Viehmarkt- und Kaiserthermen, eine die ganze Mosel überspannende Brücke, Amphitheater und Pferderennbahn (Circus), Stadttore wie die Porta Nigra, die Basilika - Audienzsaal  des römischen Kaisers -, ein modernes rasterartig angelegtes Straßensystem – wie später in Mannheim oder im New Yorker Manhattan - , zahlreiche Überreste von Wohnblöcken (Insulae) zeugen davon, dass sich hier der repräsentative Sitz des römischen Kaisers befand.
Das römische Reich hatte sich so weit ausgebreitet, dass fern von Rom, nördlich der Alpen, ein weiterer Regierungssitz notwendig wurde: Augusta Treverorum (Trier).

Als sich in Europa das Christentum verbreitete und römische Kaiser  sich dazu bekannten, ging die staatliche römische Architektur immer häufiger in die Hand der Kirche über: wie der Dom und die Liebfrauenkirche, die in Trier aus dem palastartigen Wohnhaus Helenas hervorgingen, der Mutter Kaiser Konstantins, die das Gebäude der Kirche zum Geschenk machte.

Die Porta Nigra überstand ihre zwischenzeitliche Nutzung als Steinbruch schließlich durch den Umbau zur Stiftskirche des Heiligen Simeon. Das mittelalterliche Kapuzinerkloster stand letztlich nur dort auf festem Fundament, wo es die ehemaligen römischen Viehmarktthermen gestützt hatten.

Und heute? Heute können wir in Trier jahrtausendealte Geschichte nachverfolgen, von der Gründerzeit, 1000v. Chr., über die römische Antike, das Mittelalter, barocke Schmuckbauten bis in unsere Gegenwart hinein. Wir können sehen und lernen, auf welch vielfältige Weise wir mit Geschichte umgehen, sie begraben, umbauen, zweckentfremden, weiterentwickeln oder konservieren können.

Und so schloss unser Ausflug passenderweise mit einem top-aktuellen Aufeinandertreffen von Vergangenheit und Gegenwart: dem 200. Geburtstag Karl Marx!

Im und vor dem Landesmuseum wimmelte es von Presse- und Kameraleuten, hohe Landespolitiker querten unseren Weg: die Ausstellung zum vielleicht berühmtesten Sohn der Stadt wurde eröffnet!
Beim Bummel durch die rot-geschmückte Stadt fragen wir uns: ob Karl Marx wirklich als Souvenir im Schaufenster angepriesen werden wollte..? Auf T-Shirts, Tassen, Taschen..? Als Banner über die Fußgängerzone: „Wir sind Marx!“?

Vor der Abfahrt ein letzter gespannter Blick auf die noch verhüllte Karl-Marx-Statue und die Frage:

Wie wollen wir eigentlich mit unserem kulturellen Erbe umgehen? Was war einmal? Und wer sind wir, wenn wir daraus unser Eigenes machen..?

Vielleicht ist das die Kernfrage, auf die wir im Lateinunterricht immer wieder Antworten suchen.

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